Nachruf

Josef Flier

*20. April 1955 +3. Juni 2022

 

Christus spricht:

Ich lebe und ihr sollt auch leben

 

 

Die Nachricht vom Tod unseres Glockengießermeisters, Kollegen und Freundes

Josef Flier

nach kurzer schwerer Krankheit hat uns tief erschüttert. Bis zuletzt haben wir an der

Hoffnung festgehalten, dass Josef seine schwere gesundheitliche Krise meistert.

Er hat verloren, und wir haben ihn verloren.

Unser Verlust ist schwer in Worte zu fassen.

Josef Flier war seit Januar 1975 bis zu seinem Tod für die Glockengießerei Bachert

tätig. Er nahm alles ihm vermittelte Wissen in sich auf und entwickelte sich zu einem

der besten und versiertesten Glockengießer Deutschlands. Unsere Zusammenarbeit

war durch absolutes gegenseitiges Vertrauen und Verstehen geprägt.

Rekonstruktionen mittelalterlicher Rippen oder experimentelle Rippenversuche

konnte Josef nachvollziehen und kunsthandwerklich umsetzen. Er erkannte das

Wesen der Glocken und schuf mit seinen Händen klangschöne Unikate. Bis zu

seinem Tod hat er zigtausende Glocken für das In- und Ausland gegossen. Darunter

die Friedensglocke für die Olympischen Sommerspiele in Barcelona, die

Jahrtausendglocke für den Hamburger Michel, das neue Geläute der Dresdner

Frauenkirche, die große Glocke für den Rottenburger Dom, den Hildesheimer Dom,

das Münster St. Stefan in Breisach, die Nikolaikirche und die Thomaskirche in

Leipzig …

Während dieser glücklichen Jahre kamen seine Kinder Larissa, Jascha und Verena zur

Welt. Jascha wurde viele Jahre später Lehrling seines Vaters und bei uns zum

Glockengießer ausgebildet. Mit einem Enkel fuhr Josef in der Glockengießerei mit

dem Bagger, wobei er immer bestrebt war, seine Zuwendung auf alle sieben

Enkel*innen gleich zu verteilen. Seine Familie, seine Frau Anita, waren das größte

Glück für Josef und sein fester Anker. Es ging nichts darüber

Doch mit des Schicksals Mächten ist kein ew’ger Bund zu flechten. Als es unserer

Firma schlecht ging, bleib Josef Flier (und seine Kollegen) bei uns, obwohl die

Glockengießerei 2004 nach Karlsruhe umzog. Damit war die Zeit vorbei, da er hinter

der Glockengießerei über den Zaun springen und daheim Mittag machen konnte Von

2004 bis 2018 fuhr er jeden Tag nach Karlsruhe und zurück. Wir sind dankbar, dass

Josef und seine Kollegen dies so viele Jahre auf sich genommen haben.

An unserer neuen Glockengießerei in Neunkirche plante Josef begeistert mit. Und als

der Betrieb 2018 endlich wieder in das Neckartal zurückkehrte, war die Zeit der

vielen Stunden auf der Autobahn endlich vorbei. Ausgerechnet auf dem Weg in die

neue Wirkungsstätte hatten Josef und Anita auf der Landstraße einen

unverschuldeten Verkehrsunfall, bei dem sie schwer verletzt wurden. Am ersten

Glockenguss in der neuen Gießerei konnte Josef Flier deshalb nicht an seinem

wichtigen Stammplatz am Gussofen mitwirken sondern an Stöcken stehend neben

der Gießgrube. An seiner Stelle stand Jascha dort und managte den Gussofen.

 

Ende 2018 war für Josef die Zeit des Ruhestands gekommen. Auch jetzt blieb er bei

den Glocken – reduzierte seine Stunden, war aber bei allen wichtigen

Glockenvorhaben zur Stelle und formte und goss in Neunkirchen etliche Glocken. Er

bildete einen Nachfolger aus.

In letzter Zeit war Josef ein wenig müde geworden. Die Glocken für den

Magdeburger Dom sollten die letzten in seinem Berufsleben sein… Er wollte mehr

Zeit mit Anita und seiner Familie verbringen, reisen...

Seine Kollegen werden das Glockenvorhaben nun beenden. Josef wird immer dabei

sein. Bei jedem Formschritt, bei jedem Arbeitsgerät, das zur Hand genommen wird,

ist er präsent. Es ist nichts mehr wie früher – aber wir sind so dankbar, dass wir ihn

bei uns haben durften. Und wir danken Anita und Josefs Familie, dass sie ihn mit

uns geteilt haben.

 

Familie Bachert und die Kollegen*innen